Verbraucherfreundliches Urteil im VW-Abgasskandal
Das OLG Düsseldorf hat im Sinne eines geschädigten Verbrauchers gegen die Volkswagen AG einen Anspruch aus § 826 BGB auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 18.573 Euro festgestellt.
Wer denkt, der Dieselabgasskandal sei beendet, hat sich getäuscht. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 31. August 2022, Az.: I-36 U 29/20 zu Landgericht Mönchengladbach, Az.: 1 O 497/19) hat die Volkswagen AG dazu verurteilt, an den Kläger 18.573 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz seit dem 15. Oktober 2019 sowie weitere Zinsen in Höhe von 200 Euro Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs VW Caddy Maxi Comfortline zu zahlen. Auf die Berufung des Klägers wurde das am 11. August 2020 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach unter Zurückweisung der Berufung damit teilweise abgeändert. Die Beklagte wurde zudem verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.506,58 Euro nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. Februar 2020 zu zahlen.
„In den von dem Kläger am 1. Juni 2015 gebraucht erworbenen PKW VW Caddy Maxi ist ein Motor des Typs EA189 eingebaut, der vom Abgasskandal betroffen ist. Die Beklagte haftet ihm deshalb dem Grunde nach aus § 826 BGB auf Schadensersatz. Der streitgegenständliche PKW verfügte vor dem Aufspielen des Software-Updates über eine unzulässige Abschalteinrichtung. Daher hat der geschädigte Verbraucher gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 826 BGB auf Zahlung eines Restschadensersatzanspruches“, erklärt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung, der das verbraucherfreundliche Berufungsurteil vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf erstritten hat.
Der Sittenwidrigkeitsvorwurf gegenüber dem Hersteller des Fahrzeugs, wie hier die Beklagte, gründet sich dabei grundsätzlich darauf, dass mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs mit dem in Rede stehenden Motortyp konkludent die – tatsächlich nicht zutreffende – öffentliche Erklärung gegenüber einem potenziellen Erwerberkreis verbunden war, sein Einsatz im Straßen verkehr im Rahmen seines Verwendungszwecks sei uneingeschränkt zulässig. Durch die vorsätzliche und sittenwidrige Schädigung der Beklagten entstand dem Kläger ein Schaden in Höhe des Kaufpreises von 27.480 €, der sich im Wege der Vorteilsausgleichung um die bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat in Ansatz zu bringende Nutzungsentschädigung von 8.907 Euro auf die zugesprochenen 18.573 Euro reduzierte.
Eine interessante Einlassung des Gerichts zur möglichen Verjährung: Für Ansprüche aus § 826 BGB beginnt die, regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Dies war hier erst mit dem Schluss des Jahres 2016 der Fall. Es könne unter anderem nicht angenommen werden, dass dem Kläger die Betroffenheit seines Fahrzeuges schon im Jahr 2015 grob fahrlässig unbekannt geblieben wäre. Der Bundesgerichtshof sei mehrfach deutlich der Annahme entgegengetreten, dass es grob fahrlässig gewesen sei, sich nicht schon in 2015 darüber zu informieren, ob eine Betroffenheit des eigenen Fahrzeuges vorgelegen habe“, sagt Dieselexperte Dr. Gerrit W. Hartung. Das könne wiederum weitere Verfahren positiv beeinflussen.