Widerrufsjoker Kfz-Finanzierung

Die meisten Autokredite bzw. Kfz-Darlehensverträge enthalten fehlerhafte Widerrufsbelehrungen bzw. Widerrufsinformationen. Das führt dazu, dass die Widerrufsfrist nie beginnt und Darlehensnehmer damit jederzeit den Kreditvertrag widerrufen können. Das betrifft nicht nur Kredite von den Autobanken der jeweiligen Hersteller, sondern auch Autokredite, die das Autohaus zwischen dem Kunden und anderen Banken vermittelt hat. Besonders häufig enthalten Kfz-Darlehensverträge, die ab dem 11.06.2010 geschlossen worden sind, ungenügende Darstellungen der gesetzlich vorgegebenen Pflichtangaben und bei manchen Verträgen schlägt auch eine fehlerhafte Widerrufsinformation durch.

Am 27.10.2020 hat der Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen XI ZR 498/19 eine Grundsatzentscheidung zum Widerruf von Autokrediten gefällt, die viele offene Rechtsfragen endlich geklärt hat. Für Verbraucher birgt die Entscheidung Vor- und Nachteile. Viele Verträge dürften aber danach noch widerrufbar sein und Bankkunden können wieder viel Geld sparen. Unerwartet ist, dass der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung aus März 2020 – Beschluss vom 31.03.2020 – XI ZR 198/19 – zum sog. „Kaskadenverweis“ aufgibt und sich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs – EuGH, Urteil vom 26.03.2020 – C 66/19 – anschließt, wobei sich ein Widerrufsrecht nicht schon allein aus dem Umstande ergibt, dass diese Formulierung in der Widerrufsinformation enthalten ist, hinzutreten müssen weitere Fehler, die ein erfahrener Anwalt sofort erkennt.

Zu beachten sind aber die Rechtsfolgen: Der Darlehensnehmer hat sein Fahrzeug nach dem Widerruf der Bank vorab zur Verfügung zu stellen, unabhängig davon, ob die Bank den Widerruf bestätigt, ablehnt oder keinerlei Reaktion zeigt. Nur wenn der Darlehensnehmer diese Vorleistungspflicht erfüllt hat, ist der Anspruch auf die Rückzahlung der bis zum Widerruf erbrachten Ratenzahlungen und der Anzahlung überhaupt fällig. Das ist ein Umstand, der die erste Euphorie beim Darlehensnehmer vielleicht schmälern mag, tatsächlich werden die Banken allerdings nach dem verbraucherfreundlichen, sensationellen Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 09.09.2021 in den verbundenen Rechtssachen C‑33/20, C‑155/20 und C‑187/20 nicht mehr umhin kommen, den Widerruf zu bestätigen und die Rückabwicklung durchzuführen. Uns wurden bereits Urteile von Landgerichten bekannt, die bei ihren Entscheidungen die aktuelle Rechtsprechung des EuGH zugunsten der Darlehensnehmer umgesetzt haben. Das bedeutet, dass nach der Übergabe des Fahrzeugs an die Bank, der Darlehensnehmer seinerseits von der finanzierenden Bank seine bis zum Widerruf erbrachten Leistungen einschließlich der  Anzahlung zurückerhält, allerdings abzüglich eines Wertersatzes für die Wertminderung, die das finanzierte Kraftfahrzeug in der Zeit von Übernahme durch den Darlehensnehme bis zur Rückgabe an die Bank erlitten hat. Der Darlehensnehmer schuldet der Bank ab dem Widerruf keine weiteren Ratenzahlungen mehr, weder Zins-noch Tilgungsanteile und auch die erhöhte Schlussrate entfällt.

Wie der Wertverlust tatsächlich zu berechnen ist, ist derzeit in der Rechtsprechung und auch unter Bankanwälten und Verbraucheranwälten noch streitig. Generell gilt nach den Urteilen des BGH vom 27.10.2020, dass der Darlehensnehmer bei verbundenen Verträgen für den Wertverlust des Fahrzeugs aufzukommen hat, der objektiv zu ermitteln ist. Die meisten Gerichte und die Bankanwälte sind der Ansicht, dass der Wertersatzanspruch wie folgt zu berechnen ist: gewöhnlicher Verkaufspreis bei Abschluss des Darlehensvertrages abzüglich des gewöhnlichen Verkaufspreises bei Rückgabe des Fahrzeugs. Zur Ermittlung des gewöhnlichen Verkaufspreises kann als grobe Einschätzung eine Wertermittlung über die Portale DAT (Deutsche  Automobil Treuhand – https://www.dat.de) oder ADAC (https://www.adac.de Gebrauchtwagenkauf) kostenlos online erfolgen, wobei die individuellen wertbildenden Faktoren bei dieser Bewertung nicht berücksichtigt werden können, sodass zweckmäßigerweise ein Gutachten über den Fahrzeugwert in Auftrag zu geben wäre, etwa bei einem Kfz-Sachverständigen, beim TÜV oder bei der Dekra, um nur einige Möglichkeiten zu nennen.

Verbraucheranwälte sind allerdings der Ansicht, dass vom Ausgangswert jedenfalls die Händlermarge abzuziehen ist, die nach einer Studie des Instituts für Automobilwirtschaft (ifa) an der HfWU (https://ifa-info.de) aus dem Jahr 2019 durchschnittlich bei 16 % für Neuwagen lag, aber auch bei Gebrauchtwagen, die von einem Fahrzeughändler erworben wurden, dürfte diese Marge noch um 10 % des Kaufpreises ausmachen. Es wird sich demnächst zeigen, welcher Berechnungsmethode der Vorzug zu geben sein wird. Fraglich ist zudem, ob die „Auto“-Banken nach dem so überaus verbraucherfreundlichen Urteil des EuGH vom 09.09.2021 tatsächlich ein Interesse daran zeigen werden, eine Flut von gebrauchten Fahrzeugen entgegen zunehmen und mit dem Verwertungsaufwand zurück zu bleiben, wenn der Darlehensnehmer den Widerruf erklärt und alsdann umgehend seiner Vorleistungspflicht zur Übergabe des Fahrzeugs an den Sitz der Bank nachkommt.

Rein wirtschaftlich betrachtet, bleibt ein Widerruf vor allem dann sinnvoll, wenn die Bank in der Widerrufsinformation ausgeführt hat, dass beim Widerruf nur Zinsen von 0,00 Euro geschuldet werden oder ein solcher Zinsverzicht, wie vielfach bei den Verträgen der Mercedes Benz Bank AG der Fall, in den Allgemeinen Darlehensbedingungen enthalten ist.  Dann verliert die Bank ihren Zinsanspruch. Würde dann bei dem zu ermittelten Wertverlust als Ausgangspunkt beim Kaufvertrag auch noch die Händlermarge abgezogen, ergäbe sich durch den Widerruf jedenfalls ein wirtschaftlicher Vorteil.

Gegner bei Widerrufen von Autokreditverträgen ist immer die finanzierende Bank. Daher sollten die Prüfung und Berechnung der Ansprüche und die Klage gegen die Bank von einem erfahrenen Rechtsanwalt durchgeführt werden. Die Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH zieht für Sie den Widerrufsjoker bei der Autofinanzierung und verhilft Ihnen als Verbraucher zu Ihrem Recht.

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