Porsche-Dieselskandal um EA897: Gericht spricht von Täuschung des Verbrauchers

Das Landgericht Mönchengladbach hat die Porsche AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung bei einem Porsche Cayenne Diesel zu einer hohen Schadensersatzzahlung verurteilt. Das Gericht schreibt: „Der Schaden besteht vorliegend darin, dass dem Kläger in Unkenntnis der Funktionsweise der Software das streitgegenständliche Fahrzeug erworben und damit einen für ihn wirtschaftlich nachteiligen Kaufvertrag geschlossen hat.“

Porsche-Dieselskandal um EA897: Gericht spricht von Täuschung des Verbrauchers

Die Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH aus Mönchengladbach hat im Diesel-Abgasskandal für einen Mandanten Schadensersatz in Höhe von 86.420 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Juli 2019 erstritten. Streitgegenständlich war vor dem Landgericht Mönchengladbach (Urteil vom 24.09.2020, Az.: 1 O 193/19) ein Porsche Cayenne Diesel. Die Porsche AG wurde zudem verurteilt, dem Kläger die durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 2.085,95 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Juli 2019 zu zahlen und 78 Prozent der Kosten des Verfahrens zu tragen. Von dem Schadensersatz wird eine Nutzungsentschädigung abgezogen.

„Der geschädigte Verbraucher hatte den Porsche Cayenne Diesel als Neufahrzeug im Juni 2015 erworben. In dem Fahrzeug ist der Motor EA897 V6 3.0 TDI mit der Schadstoffklasse Euro 6 verbaut, der von der Audi AG hergestellt wird. Das Fahrzeug war Gegenstand des Rückrufs des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) vom 22. Januar 2018. Dort ist von einer unzulässigen Abschalteinrichtung die Rede, deren Entfernung im Rahmen einer Rückrufaktion durch das KBA überwacht werde. Der Halter hatte wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB geklagt und vorgetragen, die Porsche AG habe eine unzulässige Abschaltvorrichtung verbaut und ihn zum Abschluss eines für ihn wirtschaftlich nachteiligen Kaufvertrags verleitet. Dem Kläger sei es beim Kauf insbesondere auf die Umweltfreundlichkeit des Fahrzeuges angekommen“, führt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung aus, der das verbraucherfreundliche Urteil erstritten hat. Seine Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.

Bekanntlich verfügt der Dieselmotor EA897 über eine illegale Abschalteinrichtung. Die streitgegenständliche Programmierung der Motorsteuerungssoftware sei gesetzeswidrig, führt das Gericht aus. Durch die Software erkennt der Motor, ob sich der Wagen auf dem Prüfstand befindet und aktiviert dann ein Schaltprogramm, das besonders wenige Emissionen produziert. Zudem ist ein sogenanntes Thermofenster verbaut. Sobald die Umgebungstemperatur dem vorgegebenen Temperaturbereich nicht entspricht, produziert das Fahrzeug erheblich mehr Abgase. Dies ist auch zum Motorenschutz nicht erforderlich und grundsätzlich illegal, weil es zu erhöhtem Emissionsausstoß im realen Straßenbetrieb führt, wie die Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof Eleanora Sharpston in einem vielbeachteten Verfahren am 30. April 2020 klargemacht hat.

Das Gericht schreibt: „Der Schaden besteht vorliegend darin, dass dem Kläger in Unkenntnis der Funktionsweise der Software das streitgegenständliche Fahrzeug erworben und damit einen für ihn wirtschaftlich nachteiligen Kaufvertrag geschlossen hat. Dass es sich um einen wirtschaftlich nachteiligen Kaufvertrag handelt, zeigt sich bereits darin, dass kein verständiger Kunde ein entsprechendes Fahrzeug erwerben würde, wenn die Beklagte ihn zuvor darauf hingewiesen hätte, dass die Software nicht gesetzeskonform und deshalb jedenfalls im Falle einer Entdeckung mit Problemen durch das KBA zu rechnen sei.“

„Auf die Frage, ob tatsächlich ein verminderter Veräußerungswert in Folge des Abgas-Skandals besteht, kommt es in diesem Zusammenhang laut dem Landgericht ebenso wenig an wie darauf, dass das KBA die Zulassung für die betreffenden Fahrzeuge bislang nicht entzogen hat. Das ist ein interessanter Aspekt für geschädigte Verbraucher. Es gilt der Betrug an sich und die damit einhergehende Täuschung des Verbrauchers. Ob es bereits konkrete negative wirtschaftliche Auswirkungen gegeben hat, spielt keine Rolle“, sagt Rechtsanwalt Dr. Hartung. Eigentümer vom Dieselskandal betroffener Porsche-Modelle sollten die weitere Entwicklung also genau beobachten und gegebenenfalls den Weg der Betrugshaftungsklage in Erwägung ziehen.