Geld zurück bei illegalen Online-Sportwetten: 100.000 Euro Rückzahlung durch Landgericht Lüneburg für Sportwettenverluste zugesprochen

Das Landgericht Lüneburg hat entschieden, dass ein Spieler über 100.000 Euro von Tipico zurückerhält – Verluste aus Online-Sportwetten. Das Gericht stellte fest, dass die rechtliche Grundlage für die Wettangebote fehlte. Das Urteil zeigt: Auch bei hohen Verlustsummen kann eine Rückforderung möglich sein – selbst rückwirkend kann eine Klage erfolgreich sein.

Geld zurück bei illegalen Online-Sportwetten: 100.000 Euro Rückzahlung  durch Landgericht Lüneburg für Sportwettenverluste zugesprochen

Mit Urteil vom 24. März 2025 hat das Landgericht Lüneburg dem Kläger die Rückzahlung von 100.707,84 Euro zuzüglich Zinsen zugesprochen. Dabei handelt es sich um Verluste aus Sportwetten bei dem Anbieter Tipico, der zum Zeitpunkt der Einsätze keine gültige Lizenz für den deutschen Markt besaß. Das Gericht stellte fest, dass die Wettverträge wegen eines Verstoßes gegen das Internetverbot des Glücksspielstaatsvertrags 2012 nichtig sind. Deshalb habe der Kläger Anspruch auf Rückerstattung seiner Einzahlungen – abzüglich der erhaltenen Auszahlungen.

„Der Kläger hatte über einen Zeitraum von vier Jahren rund 170.000 Euro auf sein Spielerkonto bei Tipico eingezahlt – und lediglich etwa 70.000 Euro zurückerhalten. Das Landgericht Lüneburg sah in dieser Differenz keine rechtlich wirksame Gegenleistung. Eine maltesische Lizenz reichte nach Ansicht des Gerichts nicht aus – ausschlaggebend sei allein das Fehlen einer gültigen deutschen Erlaubnis zum Zeitpunkt der Einsätze. Auch das Argument, das deutsche Konzessionsverfahren verstoße gegen EU-Recht, überzeugte das Gericht nicht. Ebenso wurde eine angebliche Duldung durch deutsche Behörden zurückgewiesen: Zivilrechtliche Rückzahlungsansprüche seien unabhängig von behördlichem Verhalten zu beurteilen. Das Urteil zeigt deutlich, dass auch hohe Verluste aus Online-Sportwetten zurückgefordert werden können, wenn keine gültige deutsche Lizenz vorliegt“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei ist auf Anleger- und Verbraucherschutz spezialisiert und vertritt unter anderem geschädigte Online-Spieler. Dr. Hartung hat das Verfahren vor dem Landgericht Lüneburg erfolgreich geführt.

Ein weiterer zentraler Punkt im Verfahren war die Frage eines möglichen Mitverschuldens des Klägers. Das Landgericht Lüneburg verneinte dies deutlich: Es gebe keine Anhaltspunkte für vorsätzliches oder leichtfertiges Verhalten. Der Kläger habe schlüssig dargelegt, dass ihm die Rechtswidrigkeit des Angebots erst durch die Internetwerbung von Anwaltskanzleien bewusst geworden sei. Die Argumentation, er hätte dies durch allgemeine Medienberichte erkennen müssen, überzeugte das Gericht nicht – entscheidend sei allein die persönliche, konkrete Kenntnis des rechtlichen Verstoßes.

Auch ein Ausschluss des Rückforderungsanspruchs wegen unzulässiger Rechtsausübung wurde vom Gericht zurückgewiesen. Zwar erscheine es auf den ersten Blick widersprüchlich, zunächst an einem Glücksspiel teilzunehmen und später die Verluste zurückzuverlangen. Doch nach Auffassung des Landgerichts sei es gerade das rechtswidrige Verhalten der Anbieter, das solche Fälle erst ermögliche. Die Verantwortung dafür könne nicht dem Verbraucher zugeschoben werden – insbesondere dann nicht, wenn dieser auf die vermeintliche Seriosität eines intensiv beworbenen Angebots vertraut habe.

„Auffällig ist auch, dass der Kläger das Verfahren mithilfe eines Prozessfinanzierers führen konnte – ein zunehmend genutztes Instrument, um finanzielle Hürden bei der Durchsetzung von Ansprüchen zu überwinden. Das Gericht stellte klar, dass weder die internationale Zuständigkeit noch die Klagebefugnis des Klägers dadurch beeinträchtigt werde. Auch sei die Forderung nicht verjährt, da der Kläger erst im Jahr 2024 Kenntnis von der Rechtswidrigkeit des Wettangebots erlangt habe“, betont Glücksspielrechtsexperte Dr. Gerrit W. Hartung.

Das Urteil macht deutlich: Eine Klage kann sich auch Jahre nach der Teilnahme an Online-Sportwetten noch lohnen. Wer bei Anbietern Geld verloren hat, die zum Zeitpunkt der Einsätze keine gültige deutsche Lizenz besaßen, sollte seine Ansprüche prüfen lassen – selbst dann, wenn inzwischen eine Lizenz vorliegt oder sich die Anbieter auf eine angebliche Duldung berufen. Im Mittelpunkt steht der Verbraucherschutz – und der Gesetzesverstoß wiegt schwerer als eine vermutete Eigenverantwortung der Spieler. Für viele Betroffene eröffnet sich damit die Chance, erhebliche Verluste zurückzufordern.