EuGH im Dieselskandal: Thermofenster der Volkswagen AG ist unzulässig!
Ist das der nächste große Schritt im Dieselabgasskandal der Volkswagen AG? Nach Ansicht von Generalanwalt Athanasios Rantos am Europäischen Gerichtshof kann ein Thermofenster eine Abschalteinrichtung darstellen und damit gegen Europarecht verstoßen.
Nachdem die Volkswagen AG lange versucht hat, geschädigte Verbraucher im Dieselabgasskandal durch fragwürdige Argumente von Betrugshaftungsklagen abzuhalten und sich vor Gericht durch bloßes Bestreiten von den Vorwürfen freizusprechen, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) jetzt für einen Paukenschlag gesorgt: Generalanwalt Athanasios Rantos hat in einem Gutachten die bei Porsche und VW eingesetzten Thermofenster als sehr eingeschränkt zulässig eingestuft.
Abgassysteme, bei denen die Abgasreinigung außerhalb eines vorgegebenen Temperaturbereichs und ab einer bestimmten Höhenlage gestoppt werde, verstießen gegen die europäischen Gesetze, erklärte Generalanwalt Athanasios Rantos in seinem Schlussplädoyer laut Tagesschau.de. Einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zufolge liegt dem Gutachten der Fall eines österreichischen Gerichts zugrunde. Dort wird Volkswagen von Kunden verklagte, deren Dieselfahrzeuge mit dem Skandalmotor EA189 über ein Software-Update ein Thermofenster erhielten, heißt es in dem Bericht.
„Der Volkswagen AG droht also im Rechtsstreit um mutmaßlich vertragswidrige Abschalteinrichtungen eine Schlappe vor dem Europäischen Gerichtshof. Bislang hatte der Konzern immer argumentiert, dass Thermofenster dem Schutz des Fahrzeugs dienen. Nach Angaben des EuGH ließ die Software höhere Stickoxid-Emissionen zu, wenn es kälter als 15 beziehungsweise wärmer als 33 Grad Celsius war oder das Auto in mehr als 1000 Höhenmetern gefahren wurde. Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof schließt daraus, dass diese Thermofenster eine Abschalteinrichtung darstellen“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.
Athanasios Rantos bezieht sich dabei auch auf eine Entscheidung des EuGH vom 17. Dezember 2020. „Ein Hersteller darf keine Abschalteinrichtung einbauen, die bei Zulassungsverfahren systematisch die Leistung des Systems zur Kontrolle der Emissionen von Fahrzeugen verbessert, um ihre Zulassung zu erreichen. Die Tatsache, dass eine solche Abschalteinrichtung dazu beiträgt, den Verschleiß oder die Verschmutzung des Motors zu verhindern, kann ihr Vorhandensein nicht rechtfertigen“, heißt es in einer Mitteilung des EuGH zum Urteil in der entsprechenden Rechtssache C-693/18. Dass nun auch die Richter des Europäischen Gerichtshofs der Rechtsauffassung des Generalanwalts folgen werden, ist insbesondere vor dem Hintergrund dieser Entscheidung vom 17. Dezember sehr wahrscheinlich.
Dieselexperte Dr. Gerrit W. Hartung führt dazu aus: „Das neuerliche Urteil zu illegalen Abschalteinrichtungen durch den EuGH dient als weiterer Katalysator für Betrugshaftungsklagen gegen Automobilhersteller in Deutschland. Insbesondere Volkswagen und Porsche, aber auch Audi, Daimler und Co. haben immer weniger Schlupflöcher, um sich Schadenersatzforderungen zu entziehen. Geschädigte Verbraucher sollten also weiterhin den Weg vor die Gerichte gehen, um Schadenersatz gegen manipulierende Hersteller durchzusetzen!“
Wir haben eine spezielle Website zur neuen EA288-Thematik eingerichtet und listen dort alle Modelle von Audi, VW, Seat und Skoda auf, die vom VW-EA288-Abgasskandal betroffen sind: VW Dieselskandal EA288