Diesel-Abgasskandal: Auch VW T6 mit EA288-Motor im Fokus
Volkswagen hat am Landgericht München I ein äußerst verbraucherfreundliches Urteil und das erste für den VW-Transporter T6 kassiert. Das Urteil ist grundsätzlich sehr erfreulich für alle Besitzer von Fahrzeugen mit EA288-Dieselmotor. Dieselgate 2.0 nimmt damit weiter Fahrt auf.
Der EA288 ist nahezu in jedem Dieselfahrzeug von Volkswagen als 1.4 TDI, 1.6 TDI oder 2.0 TDI seit dem Jahr 2015 flächendeckend verbaut worden. Und auch dieser Motor mit Euro 6-Norm steht im Verdacht, voll in Diesel-Abgasskandal verstrickt zu sein. Denn Volkswagen nutzt beim Motorentyp EA288 sogenannte „Thermofenster“ als unzulässige Abschalteinrichtung aus. Beim EA288 handelt es sich um den Nachfolgemotor des EA189, also dem Motortypen, der den Dieselskandal ans Tageslicht gebracht hatte. Der EA288 ist sowohl als Dreizylinder- und Vierzylinder-TDI erhältlich und wurde im Jahr 2012 entwickelt, um ihn in verschiedensten Modellen des VW-Konzerns einzusetzen.
Einige Gerichte haben bereits die sogenannte „Zykluserkennung“ in einem VW Golf mit Euro 6-Dieselmotor des Motorentyps EA288 als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung eingestuft. Und jetzt kommt es mehr und mehr auch zu verbraucherfreundlichen Urteilen bei anderen Fahrzeugen, wie kürzlich am Landgericht München I (Urteil vom 31.3.2020, Az. 3 O 13321/1) zum Volkswagen-Bulli T6.
„Das ist eine bahnbrechende Entscheidung und öffnet dem Dieselgate 2.0 Tür und Tor. Denn das Gericht hat eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Verbrauchers im Zusammenhang mit dem Motortyp EA288 bestätigt, obwohl das Kraftfahrtbundesamt das Thermofenster bislang nicht als unzulässige Abschalteinrichtung eingestuft hat“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.
Das Gericht führt aus, dass bei Vorliegen eines thermischen Fensters nicht einmal ein amtlicher Rückruf notwendig sei, und eine Abschaltvorrichtung, die der EU-Norm nicht entspreche, grundsätzlich eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung bedeute. Das folgt der Ansicht des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg, der am 30. April 2020 in einem Gutachten als temperaturabhängige Abschalteinrichtung als unzulässig eingestuft hat. Die Einschätzung der EU-Generalanwältin Eleanor Sharpston, dass Abschalteinrichtungen grundsätzlich unzulässig sind, wenn sie dazu führen, dass die Grenzwerte beim Emissionsausstoß nicht eingehalten werden, hat weitreichende Auswirkungen und betrifft nicht nur Fahrzeuge wie den Volkswagen T5 mit dem Dieselmotor des Typs EA189 (mehr Infos zum Dieselskandal EA189), sondern eben auch die T6-Modelle mit dem Nachfolgemotor EA288 (mehr Infos zum Dieselskandal 2.0 um den EA288).
„Das Gericht hat alle Argumente der Volkswagen AG, warum das Thermofenster notwendig sei, anschaulich entkräftet. Unter anderem stellen die Richter heraus, Volkswagen habe gerade nicht dargelegt, dass es sich um eine bloße „Ausnahme“ handele, die zwingend notwendig sei, den Motor vor Beschädigungen zu schützen und andere technische Lösungen, nach der jeweils besten verfügbaren Technik nicht vorhanden seien“, betont Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
Das Landgericht München I macht in dem Urteil wegen Betrugshaftung beim VW-T6-Bulli mit dem EA288-Motor gegen Volkswagen zudem sehr deutlich, dass es an die Einschätzung des KBA nicht gebunden sei.