Kündigung Amazon-Betriebsrat wegen Arbeitszeitbetrug
Ein Betriebsratsvorsitzender bei Amazon wurde fristlos entlassen, weil er während einer Fortbildung unrichtige Angaben zur Arbeitszeit machte. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen bestätigte, dass sein Verhalten die sofortige Kündigung rechtfertigte, da er private Termine anstelle der Fortbildung wahrnahm und diese als Arbeitszeit deklarierte.
Als Rechtsanwalt vertrete ich den Fall eines Amazon-Betriebsrats, der wegen Arbeitszeitbetrugs fristlos entlassen wurde.
Am 28.02.2024 entschied das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (Az. 13 TaBV 40/23), dass ein Betriebsratsvorsitzender, der private Termine anstelle einer gebuchten Fortbildung wahrnimmt und falsche Angaben in der Zeiterfassung macht, außerordentlich fristlos gekündigt werden kann. Ein solcher Arbeitszeitbetrug rechtfertigt eine sofortige Entlassung.
Sachverhalt des Urteils des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
In dem Fall des Urteils des Landesarbeitsgerichts (LAG) Niedersachsen wird folgendes Ereignis behandelt: Amazon führt in Winsen/Luhe ein Logistikzentrum mit einem 17-köpfigen Betriebsrat.
Ich bin seit dem 30.05.2022 von der Arbeitsleistung freigestellt und melde mich zusammen mit drei weiteren Mitgliedern des Gremiums auf Kosten des Arbeitgebers für einen dreitägigen Fortbildungskongress (Betriebsrätetag in Bonn) an.
Wie später bekannt wird, nehme ich jedoch nur am ersten Tag des Kongresses teil. Den Rest der Zeit verbringe ich in einem Café und übernachte bei meiner Ex-Frau. In meinem Arbeitszeitnachweis gebe ich jedoch an, die gesamte Zeit am Kongress teilgenommen zu haben. Amazon hält dies für eine Lüge und beantragt beim Betriebsrat die Zustimmung zur außerordentlich fristlosen Kündigung meiner Person wegen Arbeitszeitbetrugs. Der Betriebsrat verweigert die Zustimmung, woraufhin Amazon ein Zustimmungsersetzungsverfahren beim Arbeitsgericht Lüneburg einleitet.
Im Rahmen des Verfahrens gebe ich zu, dem Kongress ferngeblieben zu sein, behaupte jedoch, im Café mobile Betriebsratsarbeit verrichtet zu haben. Ich argumentiere, dass ich als freigestelltes Betriebsratsmitglied das Recht habe, meine Arbeitszeit flexibel zu gestalten.
Gründe für die Entscheidung
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hat in der Berufungsinstanz meinem Antrag auf Zustimmung zur fristlosen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden stattgegeben. Bereits das Arbeitsgericht Lüneburg hatte diesem Antrag zugestimmt. Nach gründlicher Anhörung des Betriebsratsvorsitzenden und Vernehmung zweier Zeugen kam die 13. Kammer des LAG zu dem Ergebnis, dass das Fehlverhalten eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt.
Der Betriebsratsvorsitzende hatte selbst zugegeben, den Betriebsrätetag spätestens am Vormittag des zweiten Tages eigenmächtig verlassen und bis zum Ende nicht mehr teilgenommen zu haben. Dieses Verhalten stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten dar.
Darüber hinaus bestand zumindest der dringende Verdacht, dass er bewusst falsche Angaben in seinem Arbeitszeitnachweis gemacht hatte. Seine Behauptung, im Café Betriebsratsarbeit geleistet zu haben, wurde als unglaubwürdig eingeschätzt und stand im Widerspruch zu vorherigen Erklärungen gegenüber anderen Betriebsratsmitgliedern. Daher ersetzte das Gericht die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats zur fristlosen Kündigung des Vorsitzenden wegen Arbeitszeitbetrugs.
Praktischer Hinweis: Kündigungsschutz für Mitglieder des Betriebsrats
Das Arbeitsverhältnis von Betriebsratsmitgliedern genießt einen besonderen Kündigungsschutz.
Gemäß § 15 KSchG darf eine Kündigung nur aus wichtigem Grund ausgesprochen werden. Zuvor muss der Betriebsrat gemäß § 103 BetrVG angehört werden und der Kündigung zustimmen. Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung, bleibt dem Arbeitgeber nur der Gang zum Arbeitsgericht. In einem Zustimmungsersetzungsverfahren kann das Gericht die verweigerte Zustimmung ersetzen, wenn es einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 BGB für die beabsichtigte fristlose Kündigung erkennt. Die Wirksamkeit der beabsichtigten Kündigung wird dabei inzident geprüft.
In dem vorliegenden Fall bewerteten beide Instanzen das Fehlverhalten des Betriebsratsvorsitzenden als ausreichend für eine fristlose Kündigung. Ein Arbeitszeitbetrug rechtfertigt ebenfalls die fristlose Kündigung eines freigestellten Betriebsratsmitglieds. Der Verweis auf mobiles Arbeiten darf nicht als Vorwand für Freizeitaktivitäten genutzt werden.
Wichtig ist, dass die Zustimmungsersetzung den Streit nicht zwingend beendet. Nach ersetzter Zustimmung kann die fristlose Kündigung in einem Kündigungsschutzverfahren weiter überprüft werden, wenn der Betroffene deren Unwirksamkeit geltend macht.
Dies stellt für den Arbeitgeber einen langen und komplexen Weg dar, der im Missbrauchsfall nur schwer mit dem besonderen Schutzbedürfnis zu rechtfertigen ist.
Fristlose Kündigung? Sie sind Mitglied des Betriebsrates? Handeln Sie schnell und kontaktieren Sie einen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht! Ich helfe Ihnen gerne!