Abgasskandal - Klägerin bekommt mehr Geld als ihr VW Tiguan gekostet hat
Landgericht Hamburg 335 O 150/18
Ein VW Tiguan geht im Abgasskandal zurück. VW muss den Pkw zurücknehmen und den Kaufpreis erstatten. Das hat das Landgericht Hamburg am 14. Oktober entschieden (Az.: 335 O 150/18).
Obwohl VW für die gefahrenen Kilometer eine Nutzungsentschädigung abziehen darf, bekommt die Klägerin unterm Strich sogar mehr heraus als sie für den Tiguan bezahlt hat. Das liegt an den Zinsen, die das LG Hamburg der Klägerin ab Zahlung des Kaufpreises zugesprochen hat und nicht erst seit Rechtshängigkeit. „Der Unterschied kann einige tausend Euro ausmachen und auch den Abzug einer Nutzungsentschädigung wieder auffangen, wie dieser Fall eindrucksvoll zeigt“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
In diesem Fall hatte die Klägerin bzw. ihr Ehemann den VW Tiguan schon im Oktober 2009 als Neuwagen gekauft. Wie sich 2015 zeigte, wurden die Abgaswerte bei dem VW Tiguan mit dem Dieselmotor des Typs EA 189 manipuliert. Daher machte die Klägerin Schadensersatzansprüche geltend.
Das LG Hamburg entschied, dass VW die Klägerin durch die Abgasmanipulationen vorsätzlich sittenwidrig geschädigt habe und daher zum Schadensersatz verpflichtet sei. Der Schaden könne auch nicht durch das angebotene Software-Update beseitigt werden.
Der Kaufvertrag müsse daher rückabgewickelt werden. VW müsse den Tiguan zurücknehmen und den Kaufpreis erstatten. Allerdings müsse für die gefahrenen Kilometer ein Nutzungsersatz abgezogen werden. Zum Zeitpunkt der Verhandlung hatte der Tiguan rund 86.000 Kilometer „auf dem Tacho“. Daher könne ein Nutzungsersatz in Höhe von ca. 11.000 Euro abgezogen werden.
Dennoch erhält die Klägerin unterm Strich mehr als sie für den VW Tiguan bezahlt hat. Und das liegt an den Zinsen, die das LG Hamburg ab Zahlung des Kaufpreises zugesprochen hat. „Der Käufer wird durch die Abgasmanipulationen über die Eigenschaften des Fahrzeugs getäuscht. Dadurch wird ihm sein Geld quasi entzogen und darum entsteht der Zinsanspruch ab Kaufpreiszahlung“, erklärt Dr. Hartung, Kooperationspartner der IG Dieselskandal. Und da kommt über die Jahre eine ordentliche Summe zusammen. Im konkreten Fall hatte die Klägerin das Auto schon 2009 gekauft. Die Zinsen sorgten dafür, dass sie jetzt etwa 3000 Euro mehr bekommt als sie für den Tiguan bezahlt hat. Und das obwohl eine Nutzungsentschädigung abgezogen wurde.
„Es lohnt sich also Schadensersatzansprüche im Abgasskandal geltend zu machen. Allerdings sollte gehandelt werden, da die Forderungen gegen VW in der Regel am 31.12.2019 verjähren“, so Dr. Hartung.