Abgasskandal - VW zu Schadensersatz bei Golf VII mit EA 288 verurteilt
LG Duisburg 1 O 231/18
Kunden des VW-Konzerns sind besorgt: Wurden auch bei Fahrzeugen mit dem Dieselmotor des Typs EA 288, also dem Nachfolgemotor des durch den Abgasskandal bekannt gewordenen EA 189, Abgaswerte manipuliert? Das Landgericht Duisburg sagt ja. Das Gericht hatte VW schon mit Urteil vom 30.10.2018 zu Schadensersatz bei einem Golf VII verurteilt (Az. 1 O 231/18).
Bei vielen verbraucherfreundlichen Entscheidungen im VW-Abgasskandal zu Fahrzeugen mit dem Motor EA 189 ging dieses Urteil des Landgerichts Duisburg in der medialen Beachtung fast ein wenig unter. „Zu Unrecht. Denn in dieser Entscheidung steckt eine enorme Sprengkraft. Millionen Verbraucher, die ein Fahrzeug der Marken VW, Audi, Seat oder Skoda mit dem Dieselmotor des Typs EA 288 gekauft haben, könnten von einen neuen Abgasskandal betroffen sein“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
Der Verdacht, dass auch beim Motor EA 288 eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet wurde, kam immer wieder mal auf. Neue Nahrung bekam er Ende 2019 nach Recherchen des SWR, die den Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung vermuten ließen. Im Dezember 2019 gab es im Zusammenhang mit dem EA 288 eine Razzia der Staatsanwaltschaft Braunschweig in der VW-Zentrale in Wolfsburg.
In diesem Licht gewinnt das Urteil des Landgerichts Duisburg nun eine ganz neue Bedeutung. In dem Fall hatte der Kläger im Januar 2017 einen VW Golf VII Variant 1,6 Liter TDI, Erstzulassung 2015, bei einem Händler als Gebrauchtwagen gekauft. In dem Fahrzeug wird der Dieselmotor des Typs EA 288 mit der Abgasnorm Euro 6 verwendet. Der Kläger machte Schadensersatzansprüche geltend, da seiner Ansicht nach eine unzulässige Abschalteinrichtung in dem Fahrzeug verwendet werde und es dadurch im realen Straßenverkehr zu einem erhöhten Stickoxid-Ausstoß käme.
In dem Verfahren hat VW den Einsatz einer Abschalteinrichtung nicht bestritten. Allerdings sei diese legal. Für die Erfüllung der Abgasnorm komme es nicht auf den Stickoxid-Ausstoß im Straßenverkehr an, da für die Typengenehmigung die im Prüfzyklus gemessenen Werte maßgeblich seien.
Dieser Argumentation erteilte das Gericht eine klare Absage. Ein Käufer dürfe erwarten, dass Abgaswerte nicht nur im Prüfmodus unter Einsatz einer Software eingehalten werden, sondern auch auf der Straße. Das Fahrzeug weise nicht die zu erwartenden Eigenschaften auf und der Käufer habe daher Anspruch auf Schadensersatz.
Wie zu erwarten, legte VW gegen das Urteil Berufung ein. Ob es aber überhaupt zu einem Berufungsverfahren kommt, ist fraglich. Wie die Tagesschau am 21. Januar 2020 online berichtet, sollte das Verfahren Ende November 2019 am OLG Düsseldorf stattfinden, wurde aber aus unbekannten Gründen verschoben. „Diese Vorgehensweise ist aus dem Abgasskandal um den Motor EA 189 hinlänglich bekannt. Berufungsverfahren an Oberlandesgerichten werden abgesagt, weil VW kein OLG-Urteil riskieren will und stattdessen eine Einigung mit dem Kläger sucht. Es wäre nicht erstaunlich, wenn das auch in diesem Fall so ist“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
Für den im Abgasskandal erfahrenen Rechtsanwalt ist das ein weiteres Zeichen dafür, dass auch bei Fahrzeugen mit dem Motor EA 288 eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet wird und dementsprechend Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können. Laut tagesschau.de liegen bereits mehr als 650 Klagen im Zusammenhang mit dem EA 288 vor. „Es ist davon auszugehen, dass ähnlich wie beim EA 189, sich auch bei diesen neueren Fahrzeugen Schadensersatzansprüche durchsetzen lassen“, so Dr. Hartung, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.
Alle weiteren wichtigen Fragen und Informationen haben wir für Sie auf unserer Übersichtsseite zum Thema „VW Dieselskandal EA288“ zusammengefasst.