OLG Stuttgart mit wichtigem Hinweisbeschluss im Dieselskandal!
In Stuttgart kann der Daimler AG weiteres Ungemach drohen. Der Diesel-Senat 16a am Oberlandesgericht hat eine Verurteilung in Aussicht gestellt und konzentriert sich vor allem auf das juristische Argument der sekundären Darlegungslast.
Am Oberlandesgericht Stuttgart bahnt sich eine Sensation im Dieselabgasskandal an. Sollte sich die Prognose des Hinweisbeschlusses (09.11.2021, Az.: 16a U 3/19 zu Landgericht Stuttgart, Az.: 7 O 56/19) bewahrheiten, könnte dies einen weiteren positiven Wendepunkt für Geschädigte im Daimler-Dieselabgasskandal bedeuten. Denn sollte es zu der Verurteilung kommen, könnte sich mindestens die Daimler AG nicht mehr einfach so aus der Verantwortung im Dieselabgasskandal stehlen.
Der Hintergrund: „Der Autobauer hat sich in dem Verfahren bisher nicht ausreichend zu den Manipulationsvorwürfen geäußert. Das Gericht will nun genau wissen, welche Personen an der Entwicklung der Abschalteinrichtungen beteiligt waren. Dazu muss die Daimler AG Stellung nehmen“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.
Das Oberlandesgericht Stuttgart formuliert die Erwartungshaltung sehr deutlich. „Die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass sie ihrer sekundären Darlegungslast zu der klägerischen Behauptung, die im Kern zusammengefasst lautet, die mit der Entwicklung und Implementierung der vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) als unzulässige Abschalteinrichtung angesehen Funktionalität befassten Mitarbeiter der Beklagten hätten gewusst, dass es sich hierbei um eine unzulässige Abschalteinrichtung gehandelt habe, bislang nicht ausreichend nachgekommen ist, mit der Folge, dass vorstehende Behauptung nach § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig anzusehen wäre.“
Im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast muss das Unternehmen detailliert die Funktionsweise des Abgasrückführungssystems und die damit einhergehende Veränderung der Ergebnisse bei den Abgasgrenzwerten erklären. Dieser Beschluss ist ein weiterer wichtiger Punkt im Daimler-Abgasskandal. Dr. Gerrit W. Hartung: „Wenn ein Oberlandesgericht die Daimler AG auffordert, genau zu der verwendeten Abgastechnologie Stellung zu nehmen, erhöht das den Druck auf den Autokonzern maßgeblich. Die Daimler AG muss sich durch den Hinweisbeschluss jetzt proaktiv entlasten und kann sich nicht hinter Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen verstecken.“
Dies schließt grundsätzlich der vielbeachteten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (28.01.2020) an, die Anwalt Dr. Gerrit W. Hartung mit einem kooperierenden BGH-Anwalt erstritten hat. „Danach können Schadensersatzansprüche im Abgasskandal gegen die Daimler AG von einem Gericht nicht einfach als Behauptungen „ins Blaue hinein“ abgewiesen werden. Im umgekehrten Falle könne auch die Daimler AG nicht einfach das Vorliegen ohne jede weitere Erklärung bestreiten“, betont der Rechtsanwalt.