Autokredit bei der VW-Bank widerrufen – Einzelklage statt Sammelklage
OLG Braunschweig lehnt Musterfeststellungsklage ab
Aufgrund von fehlerhaften Verbraucherinformationen können zahlreiche Autokredite bei der VW-Bank auch heute noch widerrufen werden. Wer den Widerruf erklären möchte, muss selbst handeln. Eine Sammelklage wird es – zumindest vorerst – nicht geben. Grund ist, dass das OLG Braunschweig die öffentliche Bekanntmachung der Musterfeststellungsklage der Schutzgemeinschaft für Bankkunden e.V. am 12. Dezember 2018 im Klageregister abgelehnt hat. „Verbraucher haben damit vorerst keine Möglichkeit, sich einer Sammelklage gegen die VW-Bank anzuschließen“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
Das OLG Braunschweig lehnt die öffentliche Bekanntmachung der Musterfeststellungsklage ab, weil die Schutzgemeinschaft für Bankkunden nicht nachgewiesen habe, dass sie eine sog. qualifizierte Einrichtung im Sinne der Zivilprozessordnung ist. Mit anderen Worten: Sie ist nach Ansicht des OLG nicht berechtigt, eine Musterfeststellungklage einzureichen. Um eine Musterfeststellungsklage führen zu dürfen, müsse der Verein nachweisen, dass er die erforderliche Anzahl von Mitgliedern – mindestens 350 natürliche Personen oder zehn Verbände – habe. Diesen Nachweis sei die Schutzgemeinschaft für Bankkunden schuldig geblieben. Eine eingereichte anonymisierte Mitgliederliste sei dazu nicht ausreichend, so das OLG. Zudem habe die Schutzgemeinschaft der Volkswagen Bank den Einblick in die Liste verweigert, so dass diese die Eintragungen nicht überprüfen konnte.
Eine weitere Voraussetzung für eine qualifizierte Einrichtung sei, die Verbraucherinteressen weitgehend durch Beratung und Aufklärung wahrzunehmen. Auch diesen Nachweis konnte die Schutzgemeinschaft für Bankkunden laut OLG nicht erbringen.
Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig, die Schutzgemeinschaft für Bankkunden kann noch vor den Bundesgerichtshof ziehen. Im Ergebnis bedeutet die Entscheidung jedoch, dass es vorerst keine Sammelklage gegen die VW-Bank geben wird. Bis es möglicherweise zu einer anderen Entscheidung durch den BGH kommt, kann noch einige Zeit vergehen. „Das heißt aber nicht, dass die Verbraucher keine Möglichkeit haben, den Widerruf ihrer Autofinanzierung gegenüber der VW-Bank zu erklären. Den Widerruf können sie auch mit einer Einzelklage durchsetzen. So lassen sich die Ansprüche in der Regel ohnehin schneller und zielgerichteter durchsetzen“, so Rechtsanwalt Dr. Hartung.
Voraussetzung für den Widerruf ist, dass die Bank fehlerhafte Verbraucherinformationen verwendet hat. Das Landgericht Hamburg hat erst kürzlich mit Urteil vom 12. November 2018 bestätigt, dass der Widerruf eines Autokredits bei der VW-Bank auch Jahre nach Abschluss möglich ist, weil die Bank fehlerhafte Widerrufsinformationen verwendet hat. Das LG Hamburg bemängelte, dass die von der Bank verwendete Widerrufsinformation keine hinreichenden Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei Kündigung des Vertrags enthielt. Dadurch seien die verwendeten Informationen fehlerhaft und die Widerrufsfrust nie in Lauf gesetzt worden.
„Da es sich bei Autofinanzierungen häufig um sog. verbundene Geschäfte handelt, führt der erfolgreiche Widerruf nicht nur zur Rückabwicklung des Kreditvertrags, sondern auch zur Rückabwicklung des Kaufvertrags. Der Verbraucher gibt dann das Fahrzeug an die Bank und erhält seine geleisteten Raten zurück“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Hartung, Kooperationsanwalt der IG Dieselskandal. Der Widerruf der Autofinanzierung ist grundsätzlich bei fehlerhaften Verbraucherinformationen der Bank möglich. Ob das Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen ist oder ob es sich um einen Diesel oder Benziner handelt, spielt keine Rolle.