LG Kleve bestätigt einmal mehr Schadenersatzpflicht für A6 Avant 3.0 TDI im Audi-Dieselskandal
Die Audi AG hat wegen der Manipulationen an einem Audi A6 Avant 3.0 TDI eine weitere herbe Niederlage erlitten. Sie haftet für den Einsatz illegaler Abschalteinrichtungen bei dem Sechszylinder-Diesel EA897 wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB.
Weitreichenden Schadenersatz im Dieselabgasskandal der Audi AG hat ein geschädigter Verbraucher vor dem Landgericht Kleve erhalten (Az.: 3 O 499/20). Das Landgericht hat die Audi AG verurteilt, an den geschädigten Halter eines Audi A6 Avant 3.0 TDI Schadenersatz in Höhe 43.692,05 Euro sowie weitere 1706,94 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18. Dezember 2020. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 13 Prozent und die Beklagte 87 Prozent.
Die Klägerin hatte den Audi A6 Avant 3.0 TDI mit dem Dieselmotor EA897 am 26. September 2014 zum Preis von 57.900 Euro gebraucht erworben. Zur Zeit der Übergabe an die Klägerin wies das Fahrzeug eine Laufleistung von 29.300 Kilometern auf, am 31. Mai 2021 betrug die Laufleistung 88.678 Kilometer. Das Fahrzeug unterliegt einem amtlichen Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts. Das Fahrzeug war nach Auffassung des Kraftfahrt-Bundesamtes mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen, zu deren Entfernung die Beklagte in der Folgezeit ein Software-Update entwickelt hatte.
„Die Audi AG wollte sich mit dem Argument aus der Sache herausreden, dass sich allein aus dem Umstand, dass das Fahrzeug Gegenstand eines amtlichen Rückrufs gewesen sei, sich nicht auf Schädigungsvorsatz im Sinne des § 826 BGB schließen lasse. Hätte die Klägerin von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, den Pkw bei Auslaufen des Sicherungsvertrages zum festgelegten Wert zurückzugeben, wäre der jetzt geltend gemachte Schaden vermeidbar gewesen“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung. Er gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde und hat das verbraucherfreundliche Urteil erstritten.
Hingegen betont das Landgericht Kleve: „Die Beklagte hatte im Zeitpunkt ihrer Entscheidung Schädigungsvorsatz sowie Kenntnis von der Kausalität des eigenen Verhaltens für den späteren Eintritt des Schadens und der die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände.“ Zwar treffe es zu, dass die Klägerin die Voraussetzungen dieser Zurechnungsnormen darzulegen und zu beweisen habe. Wenn jedoch der beweisbelasteten Partei näherer Vortrag nicht möglich oder nicht zumutbar sei und der Bestreitende dagegen alle wesentlichen Tatsachen kenne und es ihm zumutbar sei, nähere Angaben zu machen, treffe den Beweisgegner zunächst eine sekundäre Darlegungslast.
„Im Rahmen der sekundären Darlegungslast muss der Autohersteller sich von den Vorwürfen aktiv und mit weitreichenden Erklärungen zur Funktionsweise der Technologien entlasten. Entspricht das Unternehmen dem nicht, kann es auch keine Entlastung von den Vorwürfen geben. Eine ausreichende Darlegung der Beklagten zu diesen Fragen ist nicht erfolgt. Das Vorbringen der Audi AG beschränkt sich darauf, jegliche Beteiligung, Billigung oder auch die Kenntnis eines ihrer Vorstandsmitglieder an der Entwicklung und dem Einsatz der in Rede stehenden Software pauschal zu bestreiten. Damit zeigt sich einmal mehr, dass sich Auto- und Motorenhersteller nicht ohne Weiteres aus der Verantwortung im Dieselabgasskandal herausreden können“, betont Dieselanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.