Ältere Fahrzeuge beim VW-Dieselskandal mehr und mehr im Fokus
Das Landgericht Chemnitz hat bestätigt, dass einem geschädigten Verbraucher im Dieselabgasskandal gegen die Volkswagen AG auch nach Verjährung der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung Schadenersatz nach dem sogenannten Restschadensersatzanspruch aus § 852 BGB zusteht.
Im Dieselabgasskandal der Volkswagen AG tut sich für Halter älterer Fahrzeuge immer öfter eine interessante Möglichkeit auf, trotz Verjährung ihrer Ansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB ihre manipulierten Fahrzeuge zurückzugeben und Schadenersatz zu erhalten.
Das hängt mit § 852 BGB zusammen. „Dabei handelt es sich um einen sogenannten Restschadensersatzanspruch, also einen Anspruch aus unerlaubter Handlung. Der Schaden des Klägers liegt im Abschluss des streitgegenständlichen Kaufvertrages und damit dem Eingehen einer Verbindlichkeit, die die klagende Partei bei Kenntnis der Sachlage nicht übernommen hätte“, erklärt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Bezug zum Urteil. Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.
Das hat das Landgericht Chemnitz bestätigt (Urteil vom 10.6.2021, Az.: 2 0 2082/20) bestätigt und die Volkswagen AG verurteilt, an den Kläger 20.042,11 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23. Januar 2021 zu bezahlen, Zug um Zug gegen die Übereignung und die Herausgabe des Fahrzeugs VW Passat Variant 2.0 TDI mit dem Dieselmotor EA189 und der Abgasnorm Euro 5. Der Kläger hatte den VW Passat als Neuwagen zu einem Kaufpreis von 31.950,01 Euro am 7. März 2011 gekauft.
„Das von dem Kläger zunächst erworbene Fahrzeug ist vom sogenannten VW-Abgasskandal betroffen. Der in dem Pkw eingebaute Dieselmotor des Typs EA 189 verfügte zunächst in seiner Steuerungssoftware über eine Fahrzykluserkennung, die bewirkte, dass das Fahrzeug das Durchlaufen einer Testfahrt erkannte. Das infolgedessen veranlasste Umschalten von dem Modus für normalen Straßenverkehr in einen stickstoffoptimierten Modus (Testmodus) führte dazu, dass die Abgase in den Motor zurückgeführt wurden, was wiederum zu einer Verringerung des Ausstoßes unter anderem an Stickoxiden führte. Der tatsächliche Ausstoß an Stickoxiden im normalen Fahrbetrieb lag demnach höher als in einer erkannten Prüfsituation (Rollenprüfstand)“, begründet das Gericht seine Entscheidung.
Es handle sich bei der Motorsteuerungssoftware, mit der die Beklagte den auch im streitgegenständlichen Pkw des Klägers eingebauten Motortyp EA 189 versehen hatte, um eine unzulässige Abschalteinrichtung, sodass dem Kläger dadurch ein Schaden entstanden sei. Aufgrund der Verjährung der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB sei nun aber eben § 852 BGB anzuwenden. „Nach der eindeutigen gesetzgeberischen Intention wird durch diese Regelung ein verjährter Anspruch erhalten, jedoch in seinem Umfang auf dasjenige beschränkt, was der Schuldner durch die unerlaubte Handlung erhalten hat. Das ist einmal mehr die Bestätigung, dass geschädigte Verbraucher sich vor einer möglichen Verjährung keine Sorgen machen sollten. Es bestehen also auch über die Regelungen hinsichtlich der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB hinaus hinreichende Möglichkeiten der Schadenersatzklagen. Dies sollten Verbraucher in jedem Falle im Blick behalten“, betont Dieselanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.