Mercedes muss im Abgasskandal fünf Urteile an einem Tag schlucken
LG Stuttgart verurteilt Daimler
Das war deutlich: An einem Tag musste Daimler im Abgasskandal gleich fünf Urteile gegen sich schlucken. Das Landgericht Stuttgart verurteilte den Autobauer am 31. März 2020 in fünf Fällen zu Schadensersatz (Az. 23 0 186/19; 23 O 236/19; 23 0 2945/17; 23 0 3078/18 und 23 0 2222/18).
„Besonders bemerkenswert und erfreulich ist, dass das Landgericht Stuttgart den Klägern nicht nur Schadensersatz zusprach, sondern auch Anspruch auf Zinsen ab Zahlung des Kaufpreises“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
Das LG Stuttgart stufte in den fünf Verfahren sog. Thermofenster, wie sie in den Mercedes-Fahrzeugen der Kläger verwendet werden, bei der Abgasreinigung als unzulässige Abschalteinrichtung ein. Die Kläger seien dadurch vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden und hätten Anspruch auf Schadensersatz. Gegen Rückgabe der Fahrzeuge muss Daimler den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung erstatten. Zudem haben die Kläger noch umfangreiche Zinsansprüche.
Beispielhaft sei hier das Verfahren zum Aktenzeichen 23 O 186/19 erwähnt. In diesem Fall hatte der Halter eines Mercedes GLK 220 CDI mit dem Motor des Typs OM 651 und der Abgasnorm Euro 5 geklagt. Für dieses Modell der Baujahre 2012 bis 2015 hatte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung den Rückruf angeordnet.
Der Käufer sei durch die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung getäuscht worden. Der Schaden sei ihm schon mit Abschluss des Kaufvertrags entstanden, den er bei Kenntnis der Abgasmanipulationen so nicht abgeschlossen hätte. Er habe daher Anspruch auf Schadensersatz. Der Kaufvertrag müsse rückabgewickelt werden, so das LG Stuttgart. „Daimler darf bei der Erstattung des Kaufpreises zwar eine Nutzungsentschädigung abziehen. Durch den Zinsanspruch ab Zahlung des Kaufpreises wird dies jedoch zumindest teilweise wieder aufgefangen“, so Rechtsanwalt Dr. Hartung.
In diesem konkreten Fall lag zwar bereits ein Rückruf des KBA für das Fahrzeug vor. Voraussetzung ist das jedoch nicht, um Schadensersatzansprüche gegen Daimler durchzusetzen. Das hat der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 28. Januar 2020 deutlich gemacht (Az.: VIII ZR 57/19).
Demnach dürfen Schadensersatzklagen gegen Daimler nicht einfach als Behauptung ins „Blaue hinein“ abgewiesen werden, wenn der Kläger ausreichende Anhaltspukte für seine Behauptung liefert. In dem Fall hatte der Kläger u.a. die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten.
Das hätte das Oberlandesgericht nicht ablehnen dürfen. Dem Kläger sei damit sein Anspruch auf rechtliches Gehör verweigert worden, entschied der BGH. „Die Chancen Schadensersatzansprüche gegen Mercedes durchzusetzen, sind dadurch deutlich gestiegen. Unabhängig davon, ob ein Rückruf des KBA vorliegt oder nicht“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Hartung, der den Kläger in den ersten Instanzen vertreten hatte.